Freiraum Syndikat – völlig neue Musik entwickeln
Ungewöhnlich – wer mit gefestigten Vorstellungen zu Besetzung und Stil zu Freiraum Syndikat kommt, hat wohl Schwierigkeiten zu sagen, was Lukas Dreyer, Markus Fleischer, Friederike Vollert und Elisabeth Neuser da eigentlich machen. Zweierlei allerdings ist mehr als klar: Sie machen Musik, und die machen sie wahrhaft gemeinsam.
Weimar. Wenn man das einmal akzeptiert hat, ist das die Eintrittskarte in einen Klangkosmos, der alles zulässt: Sich treiben lassen, Zuhören, Grooven oder Tanzen. Oder aber Dinge entdecken, die man so nicht erwartet hätte.
Aus vielen Erfahrungen heraus entwickelt
Dieser Überraschungseffekt, der Kitzel des Unerwarteten ist es, was einen Großteil des Reizes von Freiraum Syndikat ausmacht. Neben einer bemerkenswerten musikalischen Perfektion. Lukas Dreyer war mit seiner eigenen Neugier die treibende Kraft hinter der Bandgründung.
Der klassische Cellist lässt sich weder auf einen Beruf noch auf einen Stil festlegen. Nach Jahren der Erfahrung am ersten Cellopult des Philharmonischen Orchesters Altenburg-Gera hatte er sich für das Leben als freischaffender Musiker entschieden, ging nach Weimar, um zu unterrichten und um Projekte zu verwirklichen, für die neben dem Orchesterdienst keine Zeit blieb. In Leipzig kennt man ihn längst als Organisator.
Beim Wave Gotik Treffen (WGT) verantwortet er schon seit einigen Jahren die WGT Musikkammer, die sich auch als Plattform für den Nachwuchs versteht. Dreyer ist in unterschiedlichen Bereichen gefragt, die ineinandergreifen und sich inspirieren. Deshalb würde er sich auch nur sehr ungern auf einen festlegen lassen.
Menschlich muss es passen
So ist es nicht verwunderlich, dass die Idee zu Freiraum Syndikat gemeinsam mit dem Gitarristen Markus Fleischer aus einem anderen Projekt heraus geboren wurde. Wo es hingehen soll, wussten die beiden Musiker schon. Dennoch probierten sie auf der Suche nach Mitstreitern zunächst verschiedene Varianten aus. Dass es dann zwei Blockflöten waren, die dazukamen, war so nicht unbedingt geplant. Aber die Symbiose stimmte – nicht nur musikalisch, sondern eben auch menschlich.
Nichtalltägliche Besetzung
Cello, Flöten, Jazzgitarre – ist das nun eigentlich eine Band? Noch dazu: eigentlich wird ja bei Freiraum Syndikat auch so gut wie gar nicht gesungen. Aber was sollen Freiraum Syndikat eigentlich Anderes sein als eine Band?
Der viel zu strenge und in Schubladen organisierte Klassikmarkt jedenfalls hat für so etwas keinen Begriff. Auch wenn die Musiker allesamt klassisch ausgebildet sind und auch eine ganze Menge Inspiration aus dem ziehen, was Komponisten schon zu Zeiten des Barock aufgeschrieben haben, oder gar in der Renaissance.
Freiraum als kreatives Prinzip
Und das Wichtigste ist: Der Zusammenhalt und die Arbeitsweise entspricht ziemlich genau dem, was man sich unter einer richtig guten Band vorstellt. Freiraum Syndikat spielen seit Januar regelmäßig zusammen.
Der Bandname ist Lukas Dreyer und seinen Musikerkollegen offenbar eher passiert. An das zentrale Prinzip der Improvisation hatten sie gedacht und an die Suche nach jenen Freiräumen zwischen den Stilen, die ihre Musik ausfüllt. Aber das Wort Improvisation hätte schon wieder eingeengt.
Eine Band, die eine Band spielt
Gerade eben sind Freiraum Syndikat an die Öffentlichkeit getreten – im Rahmen eines Projektes, das so ungewöhnlich ist wie sie selbst. Im Theater spielte die Band eine Band – im Figurentheater von Theater & Philharmonie Thüringen.
Die Musiker sind Musiker, die Musiker spielen – machen ihre authentische und vor allem poetische Musik und erzählen dabei eine Geschichte über Musik und deren Wirkung: davon, wie sie Erinnerungen weckt, Gefühle auslöst und kanalisiert und von den Beziehungen zwischen Musiken. Musik provoziert Bewegung, Bewegung Musik.
Hier verschmilzt Barockmusik mit Tango, Samba mit Pat Metheny. Aber auch moderne japanische Blockflötenmusik findet Eingang. Und auch ABBA und Michael Jackson lassen sich deutlich wiederfinden. Mit diesem Theaterprojekt werden die Musiker demnächst auch ein wenig touren.
Immer ein bisschen anders
Auch wenn dieser poetische Theaterabend die Musik natürlich in der Inszenierung bindet, sei die doch immer ein wenig anders. Und, so gesteht Dreyer, fasziniert seien auch die Musiker immer noch von den Möglichkeiten ihrer ungewöhnlichen Bandbesetzung von deren Vielfalt genau wie von der Leichtigkeit des Klanggefüges.
Eine gewisse Testphase ist damit für Dreyer beendet. Über die Improvisation zu immer mehr eigenen Kompositionen zu finden, das ist ein Ziel, und damit eben etwas ganz Neues zu entwickeln. Eine Erweiterung der Besetzung um Gesang oder „etwas Perkussives“ sei durchaus denkbar.
Für die nähere Zukunft hegen Freiraum Syndikat durchaus konkrete Pläne – eine CD ist im Gespräch und natürlich eine ganze Reihe Live-Projekte, das nächste bei der Campus Serenade im Wielandgut Oßmannstedt.